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Fabian Schlusser: Konzeption und Materialität
Begriffe wie Dynamik, Prozesshaftigkeit und Bewegung charakterisieren
die konzeptionelle
Ausrichtung des Malers Fabian Schlusser, dessen
künstlerisches Schaffen stets das Werden des Bildes in den
Mittelpunkt stellt. Fabian Schlusser möchte seine Arbeiten nicht
als fertige, unantastbare Objekte, sondern als eine Art Membran begriffen
wissen, die osmotische Austauschprozesse
zwischen Künstler und Objekt, zwischen den verschiedenen zum Einsatz kommenden
Materialien sowie – nicht zuletzt – zwischen Betrachter und Werk
nicht nur zulässt, sondern regelrecht herausfordert. Wechselseitige Durchdringung,
Einschreibung und Interpretation, Komposition und De-Komposition rücken
so den lebendigen und organischen Charakter des Kunstwerks in den Vordergrund.
Das Spektrum der in den Arbeiten Fabian Schlussers zur Anwendung
kommenden Arbeitsverfahren reicht von Malerei in Öl – teilweise in Verbindung
mit Enkaustik – über Collagen und De-Collagen und monotypistischen
Druckverfahren in Kombination mit Zeichnung oder Malerei bis hin zu Thermowachsdruck.
Die Bandbreite der Bildträger erstreckt sich dabei über Leinwand
und Papier bis hin zu Holz. Neben groß- und kleinformatigen Einzelarbeiten
fertigt Fabian Schlusser sowohl mehrteilige als auch seriell zu begreifende
Werke an.
Das in zahlreichen frühen Arbeiten wiederkehrende Formelement
konzentrischer Kreisfragmente korreliert mit einem Malprozess, der
sich jeder Systematik zu entziehen versucht, um das in Entstehung
begriffene Bild stets aufs Neue zu hinterfragen, es weiterzuentwickeln
und die ihm eigene Dynamik herauszuarbeiten. Das die neueren Werke
bestimmende Thema der vom Künstler so benannten „Risslinie“ betont
gleichermaßen die Bruchstellen und die Übergänge
der zwischen den zum Einsatz kommenden Materialien und Techniken.
In symbolischem Sinne verweist diese Trennung und Vereinigung indizierende
Form auf die allen Zeichen eigene Zweigeteiltheit von Innen und Außen,
Vorder- und Rückseite, Materie und Substanz sowie auch auf das
Bild selbst, in dem sich Form und Inhalt so durchdringen, dass sie
nicht mehr voneinander zu unterscheiden sind.
Über die bloße bildliche Darstellung oder Interpretation
einzelner Ideen und
Intentionen hinausgehend, lässt Fabian Schlusser in seinen Arbeiten
stets
gegenläufige Tendenzen in Kommunikation treten. Auf diese Weise
werden
Spannungsfelder erzeugt, die sowohl beim Künstler selbst wie
auch beim
Betrachter schöpferische Prozesse in Gang zu setzen vermögen.
Diese Tendenzen finden ihren Ausdruck in nahezu kontradiktorisch
anmutenden Konzepten, die feste geometrische Ordnungsprinzipien mit
Auflösungs-
oder
Fragementierungsbewegungen kombinieren. Bewusste Setzung bei gleichzeitiger
Akzeptanz des Zufälligen, also was dem Bild / dem Künstler
zufällt, ist ein
Prozess, der für Fabian Schlusser das Eigentliche der Malerei
widerspiegelt
und ihr grundsätzlich alchemistisches Wesen in den Blickpunkt
rückt.
Prof. Dr. Beate Ochsner |